Dass es sich bei meinem Nerd-Wissen um die Geschichte der Tudor-Familie handelt, dürfte sich bei einem kurzen Blick auf meinen Blog schnell zeigen 🙂

Nun rief Bloggerin Birgit Oppermann zu einer Blogparade mit dem Thema: “Über welche Themen könntest Du stundenlang sprechen und was sollte ich darüber wissen?“. Als ich das las, kamen mir sofort zwei Gedanken. Erstens, dass ich schon ewig nicht mehr bei einer Blogparade mitgemacht habe und wie froh ich bin, dass sie noch nicht ausgestorben sind. Und zweitens: Gute Güte, ich könnte tagelang über die Tudor-Familie sprechen!

Also, Birgit. Du möchtest etwas über die Tudor-Familie hören? Dann legen wir mal los 😀

 

1.) Die Tudor-Familie begann nicht mit Heinrich VIII.

Der bekannteste Name, den man mit der Tudor-Familie in Verbindung bringt, doch bei weitem nicht der, der die Tudors zur königlichen Dynastie gemacht hat. Heinrich VIII. hatte den Luxus, sich ins gemachte, königliche Nest legen zu können.

Sechs Jahre vor seiner Geburt erstritt sein Vater, Heinrich VII., den Thron von England auf dem Schlachtfeld. Er besiegte Richard III. (mehr zu ihm später) und beendete die Rosenkriege. Seit Jahrzehnten hatten die königlichen Häuser York und Lancaster um die Herrschaft gerungen. Und nun hatte das Haus Lancaster in Gestalt von Heinrich VII. gewonnen. Er heiratete Elizabeth of York, Tochter des vorletzten York-Königs Edward IV. und vereinte so beide Häuser.

 

2.) Der schlechte Ruf von Richard III. geht auf die Tudors zurück

Richard III., wie spätestens Laurence Olivier ihn unsterblich gemacht hat: Bitter, bösartig, bucklig. Thomas More und natürlich William Shakespeare haben in den Jahrzehnten nach Richards Tod die literarische Grundlage für dieses Bild gelegt.

Das Problem ist: Sowohl More als auch Shakespeare wirkten unter Tudor-Herrschaft. Beide waren auf die Gunst der Tudors angewiesen.

Der Thronanspruch von Heinrich VII. war bestenfalls dürftig. Zwar hat Glück auf dem Schlachtfeld mehr als einmal rechtschaffene Ansprüche übertrumpft, aber dennoch brauchte es mehr Gründe, warum es richtig war, Richard III. zu entthronen. Also machte die Tudor-Propaganda aus ihm nicht nur einen mehrfachen Mörder, sondern auch noch einen Krüppel. Beides mit ziemlicher Sicherheit arg übertrieben.

Fun Fact: Der Fund von Richards Leichnam in Leicester im Jahr 2012 zeigte sogar, dass der König an Skoliose, also einer verkrümmten Wirbelsäule gelitten hatte. Aber da er sich bereits in jungen Jahren einen Ruf auf dem Schlachtfeld gemacht hat, ist er sicher kein Krüppel gewesen.

Lies mehr:  Die Tudor-Dynastie: Was Du schon immer wissen wolltest

Für mehr Info und zur Erheiterung lege ich Dir sehr dieses Video von “Horrible Histories” ans Herz:

3.) Heinrich VIII. war nicht immer dick

Viele Leute nehmen an, Heinrich VIII. hätte sein Leben lang so ausgesehen wie auf den berühmten Gemälden. Dem Thema habe ich deshalb einen ganzen Blogartikel gewidmet.

In der Tat ist das hier Heinrich VIII. mit 29 Jahren:

In seiner Jugend galt er als der schönste Prinz Europas. Er war hochgewachsen, sehr sportlich und tudorgetreu rothaarig. Doch 1536, mit 45 Jahren, zog sich Heinrich bei einem Reitunfall eine Beinwunde zu, die nie wieder heilte und ihm zunehmend Beschwerden bereitete. Er musste nahezu alle sportlichen Aktivitäten aufgeben und nahm enorm an Gewicht zu. Innerhalb der folgenden vier Jahre nahm sein Taillenumfang um mehr als 50 cm zu.

 

4.) Heinrichs Eheleben war nicht immer turbulent

“Divorced, beheaded, died, divorced, beheaded, survived”

Mit diesem Spruch prägen sich britische Schulkinder die Abfolge von Heinrichs sechs Ehefrauen ein. Eine muntere Abfolge von Ehefrauen, nicht wahr?

Gar nicht so munter, wie man denken könnte. Seine Ehen unterscheiden sich sehr in Dauer und entsprechend Tempo.

Schauen wir uns einmal die Dauer von Heinrichs Ehen an und fangen aus Gründen der Spannung mit der bekanntesten Frau, Anne Boleyn, an:

Anne Boleyn war drei Jahre mit Heinrich verheiratet, bis sie ihr Ende auf dem Schafott fand.

Ihre Nachfolgerin Jane Seymour nahm Heinrich gerade einmal 11 Tage nach Annes Tod zur Frau. Keine eineinhalb Jahre später starb Jane am Kindbettfieber.

Anna von Kleve, Heinrichs vierte Frau, war eine arrangierte Ehe, aus der Heinrich sich so schnell wie möglich wieder befreien wollte. Die Ehe bestand gerade einmal sechs Monate.

Ehefrau Nummer fünf war Katherine Howard, die vermutlich noch ein Teenager war, als man sie dem alternden König vorwarf. Nach nur 19 Monaten endete diese Ehe mit einer weiteren Königin auf dem Richtblock.

Die letzte Ehefrau Katherine Parr kümmerte sich bis zu seinem Tod um den mittlerweile schwerkranken König. Ihre Ehe dauerte dreieinhalb Jahre.

Zusammengerechnet dauerten Heinrichs zweite bis sechste Ehe etwa 14 Jahre, bis er im Januar 1547 starb.

Lies mehr:  Die sechs Frauen Heinrichs VIII.: Katherine Howard

Nun kommen wir zu seiner ersten Frau, Katharina von Aragon. Nach allem, was man weiß, eine glückliche Ehe. Zumindest, bis ersichtlich wurde, dass Katharina kein lebendes, männliches Kind (=Thronfolger) mehr zur Welt bringen würde.

Doch bis die Ehe schlussendlich für ungültig erklärt wurde, vergingen fast 24 Jahre. Sprich: Heinrich war mit seiner ersten Frau beinahe doppelt so lange verheiratet wie mit seinen anderen fünf Ehefrauen zusammen.

 

5.) Der Monarch/die Monarchin des Vereinigten Königreichs trägt bis heute einen Titel Heinrichs VIII.

Bekannterweise gründete Heinrich die anglikanische Kirche, die bis heute existiert und deren Oberhaupt der britische König oder Königin ist. Doch das ist nicht der einzige Titel, den Heinrich seinen (indirekten) Nachkommen vererbt hat.

Denn bevor sich Heinrich von der katholischen Kirche lossagte, war er ein glühender Verfechter des Papstes. Als solcher verfasste er eine Streitschrift gegen Martin Luther und dessen Reformation. Sie hieß “Verteidigung der sieben Sakramente” und war ein polemischer Angriff auf Luther und seine Bewegung. Papst Leo X. verlieh Heinrich dafür den Titel “Verteidiger des Glaubens“. Jeder englische und britische Monarch bzw. Monarchin trug diesen Titel, und auch Charles III. trägt ihn heute.

 

6.) “Die Tudors” ist eine schöne Serie, aber historisch sehr fantasievoll

Die TV-Serie “Die Tudors” mit Jonathan Rhys-Meyers brachte dem Mainstream-Publikum 2007 die Geschichte von Heinrich VIII. näher. Und auch, wenn sie historisch nicht so katastrophal wie spätere Serien zu diesem Thema (looking at you, “Spanish Princess“) ist, ist sie historisch schon ziemlich großzügig.

Man merkt, dass sie sich an ein amerikanisches Publikum richtet, und da braucht es leider immer eine Kelle mehr Drama, mehr Wums und natürlich mehr nackte Haut. Aber bloß nicht zu komplizierte Feinheiten oder Leute, die den gleichen Namen tragen. Heinrichs Schwestern Mary und Margaret wurden schnell zu einer Person verschmolzen, Zeit und Alter waren relativ und ganze Personen wurden weggelassen, sobald die Staffel, für die sie angeheuert wurden, zu Ende war. Mehr Info dazu in meinem Faktencheck.

On the plus side: Vom Unterhaltungswert her eine schöne Serie. Und ich kann durch sie behaupten, Henry Cavill schon heiß gefunden zu haben, bevor er sich die weiße Perücke von Geralt von Riva aufsetzte 😉

Lies mehr:  Geschieden, geköpft, geköpft? Der Fast-Tod von Catherine Parr

Wer es allerdings gern historisch akkurater mag, dem empfehle ich die BBC-Miniserie “Six wives of Henry VIII” aus dem Jahr 1970.

 

7.) Das Haus Mountbatton-Windsor stammt von der Tudor-Familie ab

Mit der Heirat von Elizabeth II. und Prinz Philip erblickte das Haus Mountbatton-Windsor das Licht der Welt und herrscht bis heute über das Vereinigte Königreich.

Nicht wirklich überraschend, aber dennoch spannend: König Charles III. ist ein Nachfahre der Tudor-Familie.

Nicht direkt von Heinrich VIII. natürlich, denn all seine Kinder starben kinderlos. Doch Heinrichs ältere Schwester Margaret heiratete 1503 König James IV. von Schottland. Ihre Enkelin, Mary Stuart, sollte einen Sohn zur Welt bringen, der als James I. nach dem Tod von Elizabeth I. den englischen Thron besteigen und Schottland und England unter einem Monarchen vereinen sollte. Weder die zwischenzeitliche Abschaffung der Monarche nach dem englischen Bürgerkrieg noch die Glorious Revolution oder der Act of Settlement, der sämtliche Katholiken aus der Thronfolge ausschloss, brachen die direkte Abstammung.

Charles III. ist also ein vielfacher Urenkel von Heinrich VII..

 

8.) Elizabeth I. wird unterstellt, sie sei ein Mann gewesen

Ich musste sehr lachen, als ich unlängst las, dass es über Brigitte Macron die gleiche, hanebüchene Legende gibt, wie sie auch seit Jahrhunderten über Elizabeth I. erzählt wird: Sie seien in ihrer Kindheit gestorben und zur Vertuschung durch einen Jungen ersetzt worden.

In Elizabeths Fall wurde diese Legende, aus welchen Gründen auch immer, im späten 19. Jahrhundert vom “Dracula”-Autor Bram Stoker aufgegriffen und berühmt gemacht. Angeblich sei die junge Prinzessin im Alter von 10 Jahren im Ort Bisley in Gloucestershire gestorben. Da ihr Vater Heinrich VIII. seinen Besuch für wenige Tage später angekündigt hatte, gerieten die Bediensteten in Panik, für den Tod der Prinzessin bestraft zu werden. Also schnappten sie sich einen Jungen aus dem Dorf im gleichen Alter und steckten ihn in die Kleider der Prinzessin. Geboren war die Legende vom “Bisley Boy“.

 

Ist das alles, was Du unbedingt wissen musst? Auf keinen Fall. Aber das alles füllt ganze Bücher.

Oder in meinem Fall: Einen Blog 🙂

Was wolltest Du schon immer über die Tudor-Familie wissen? Verrate es mir in den Kommentaren!

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2 Comments

  1. Liebe Stefanie,
    ich hatte keine Ahnung, dass ich etwas über die Tudors wissen wollte, aber ganz eindeutig war es so. Vielen Dank für deinen spannenden Beitrag zu meiner Blogparade! 😀
    Viele Grüße
    Birgit

    1. StefanieNorden says:

      Hallo Birgit,
      vielen Dank für Deinen Kommentar und die Gelegenheit zu dieser Blogparade! Hat sehr viel Spaß gemacht. Und schön, dass ich Dir ein wenig über die Tudors erzählen durfte 🙂
      Viele Grüße
      Stefanie

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