Nachdem in “The White Queen” die Herrschaft des Hauses York endete und mit dem Sieg von Henry Tudor bei Bosworth Field die Herrschaft der Tudor-Dynastie begann, knüpft “The White Princess” in acht Episoden nun genau dort an: Der neue König Heinrich VII. mag die Krone errungen haben, doch nun muss er ein Land, dem er ein Fremder ist, unter Kontrolle bringen. Dazu soll eine Verbindung mit dem Hause York und somit eine Vereinigung der verfeindeten Familien dienen. Heinrichs Ehe mit Elizabeth of York war bereits vereinbart, doch gesehen haben die zukünftigen Eheleute sich nie. Und Zwistigkeiten zwischen Familien lösen sich nicht durch ein Ehegelöbnis in Luft auf.
“The White Princess” hat sich mit den Nachwehen der Rosenkriege eine Menge komplizierte Geschichte vorgenommen, aber ist es gelungen, diese der Wahrheit entsprechend zu erzählen?
Faktencheck “The White Princess”
- Dass Richard III. und Elizabeth of York eine Affäre hatten, ist unbewiesen. Da sie zudem eng verwandt (Onkel und Nichte) waren, auch eher unwahrscheinlich. Es gab Gerüchte, dass Richard 1485 – nach dem Tod seiner Frau und kurz vor seinem eigenen – Elizabeth of York heiraten wolle. Doch dies machte erst recht keinen Sinn: Richard hatte seinen Thronanspruch damit begründet, dass die Ehe seines Bruders Edward IV. mit Elizabeth Woodville ungültig und alle ihre Kinder demzufolge unehelich waren. Eine uneheliche Nichte wäre kaum die geeignete Ehefrau für einen König gewesen.
- Es gibt kein Schloss Woodville. Die Woodville-Familie lebte seit den 1430er Jahren im Manor House in Grafton Regis, Northamptonshire. Dort liegt vermutlich auch Jacquetta von Luxemburg, Großmutter von Elizabeth of York, begraben, wobei die Lage ihres Grabs unbekannt ist.
- Wie auch schon bei “The White Queen” fehlen in “The White Princess” die zu jener Zeit üblichen Hauben bzw. Hennins. Vollkommen unbedeckte Haare waren nicht üblich. Noch vier Jahrzehnte später erregte Anne Boleyn durch Hauben, die den Haaransatz zeigten, Aufsehen.
- Auch in puncto authentischer Kleider gewinnt “The White Princess” keinen Blumentopf. So sind z. B. die tiefen Ausschnitte von Elizabeth of York inakkurat – und wären auch heute noch recht gewagt.
- Elizabeth Woodville hat, soweit bekannt ist, ihren jüngsten Sohn nicht außer Landes geschickt. Entsprechend gab es auch keinen durch Margaret Beaufort angeordneten Kindermord in Tournai. Die Serie macht sowieso aus Margaret Beaufort eine allumfassende Antagonistin, was – obwohl Margaret sicher nicht immer einfach im Umgang war – zur Historie nicht wirklich passen will.
- Dass Heinrich Elizabeth vor der Ehe mehr oder minder vergewaltigt haben soll, ergibt keinen Sinn. Heinrich VII. und Elizabeth of York führten nach Zeitzeugenberichten eine glückliche Ehe ohne Seitensprünge und waren einander sehr zugeneigt. Als Elizabeth 1503 starb, war Heinrich untröstlich.
- Anders als ihre Schwiegermutter, die Heinrich VII. bei Bedarf beriet, betätigte Elizabeth of York sich nicht politisch. Ihr vorrangiges Interesse galt dem Wohl ihrer Kinder.
- Heinrich ließ den damals 10-jährigen Edward Plantagenet, Earl of Warwick, bereits in den Tower bringen, kurz nachdem er König wurde und nicht erst, nachdem sich eine Partei formte, die den Jungen auf den Thron bringen wollten. Der junge Warwick war als Neffe Edwards IV. in der männlichen Linie viel zu gefährlich für die noch verletzliche Tudor-Herrschaft, um frei bleiben zu können.
- Maria von Burgund starb zwar jung, aber bereits 1482 – noch zu Lebzeiten Edwards IV.
- Prinz Arthur musste nicht zu seiner Taufe nach Winchester gebracht werden, denn er wurde bereits dort geboren. Seine Eltern hatten sich absichtlich drei Wochen vor seiner Geburt von London aus auf den Weg nach Winchester gemacht. Ihr erster Sohn sollte in Winchester, das man damals für das historische Camelot hielt, geboren werden und auch mit seiner Namensgebung an den legendären König Artus anknüpfen.
- Elizabeth Woodville erlebte die Ernennung von Prinz Henry (dem späteren Heinrich VIII.) zum Herzog von York nicht mehr mit. Sie starb im Juni 1492, Henry wurde erst zwei Jahre später zum Herzog ernannt.
- Die Ehe zwischen Prinz Arthur und Katharina von Aragon wurde nicht persönlich verhandelt. Heinrich VII. und Elizabeth of York reisten dazu nicht an den spanischen Hof. Zu jener Zeit fuhren Monarchen für dererlei Arrangements nicht an fremde Höfe, dazu wurden Gesandte geschickt.
- Perkin Warbeck, der vorgebliche Richard of York, war nach seiner Niederlage erst in den Tower geworfen worden. Nachdem er aber öffentlich zugegeben hatte, ein Hochstapler zu sein, wurde ihm erlaubt, am Hof zu leben, wo sich auch seine Ehefrau aufhielt. Er stand jedoch unter Bewachung. Nach eineinhalb Jahren unternahm er einen Fluchtversuch, weswegen er wieder in den Tower gebracht wurde.
- Elizabeth of York wurde nie gefragt, ob sie in Perkin Warbeck ihren Bruder wiedererkennen würde. Auch sind keinerlei Äußerungen oder Meinungen von ihr über Warbeck überliefert. Hätte man jemals ernsthaft überlegt, ob er der verschollene Prinz sein könnte, wäre sie sicher die Erste gewesen, die man zu Rate gezogen hätte.
- Jasper Tudor machte sechs Tage vor seinem Tod sein Testament und starb am 21.12.1495 friedlich in seinem eigenen Bett.
- Heinrich verbannte seine Mutter nie vom Hof. Margaret Beaufort zog sich selbst – und bereits 1488 – aus dem öffentlichen Leben zurück.
- Der Earl of Warwick und Perkin Warbeck wurden nicht gleichzeitig hingerichtet. Zum einen lagen fünf Tage zwischen den Hinrichtungen, und zum anderen wurde der Earl of Warwick auf Tower Hill geköpft und der Gemeine Perkin Warbeck in Tyburn gehängt.
- Sir William Stanley wurde nicht innerhalb des Towers, sondern öffentlich auf Tower Hill hingerichtet. Der König war dabei nicht anwesend, erst recht nicht mit seiner ganzen Familie, denn dies ist vielleicht bei “Game of Thrones”, nicht aber in realer Geschichte üblich gewesen. Auch hat Stanley in seiner letzten Rede nicht dem König seine Rechtmäßigkeit abgesprochen. Zu jener Zeit hat sich ein Adeliger kurz vor seiner Hinrichtung nicht negativ über den Herrscher geäußert, denn immerhin ließ er eine Familie zurück, die für seine Worte hätten büßen müssen.
Mein Fazit zu “The White Princess”
Nach “The White Queen” hatte ich schon gehört, dass die BBC an den nachfolgenden Serien nicht mehr beteiligt sein würde, sondern dass Starz allein die Produktion übernehmen würde. Tja… ich gebe zu, dass ich nicht vorurteilsfrei gegenüber den US-Sendern bin, wenn es um englische Geschichte geht, aber dieses Thema sollte man echt lieber der BBC überlassen. Weder ist die BBC noch war “The White Queen” perfekt, aber hier ist der Qualitätsabfall doch deutlich spürbar. Ich hatte so manchen Facepalm beim Anschauen, und leider hat so ziemlich alles rund um Elizabeth of York – immerhin der Hauptcharakter und Namensgeber von “The White Princess” – herzlich wenig mit der wahren Geschichte zu tun.
Und Spoileralarm…. die nachfolgende Serie “The Spanish Princess” wird auch nicht besser. Ganz im Gegenteil…
“The White Princess” ist derzeit nur im englischen Original auf DVD/Blu-Ray erhältlich, aber hier kannst Du die deutsche Fassung auf dem Amazon-Channel Starzplay streamen.
Quellen:
https://www.historyextra.com/period/medieval/the-real-history-behind-the-white-princess/
https://www.frockflicks.com/top-five-ways-white-princess-gets-history-wrong/
https://www.tudorsociety.com/perkin-warbeck-by-sarah-bryson/